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Tagebucheintrag "Van - Grenze Iran"

Veröffentlicht am 26. Mai 2022

Warten mag ich nun nicht mehr, ausserdem ist das Hotel jetzt ausgebucht und eine Nacht verlängern geht sowieso nicht mehr. Also Flucht nach vorne, das heisst Richtung Iran.

Den Ausgang aus der Stadt kenne ich, auch weiss ich das ich auf über 2200 Meter hinauf klettern muss. Ich stellte mir eine holprige Bergstrasse vor aber hier steigt eine unglaublich breite 4spurige Strasse mit noch einmal je einem 6 Meter breiten Flanke den Berg hoch.

Die Temperatur ist wärmer als hervorgesagt und meist scheint die Sonne. Was willst du noch mehr und zufrieden und aufgestellt drehe ich den Berg hoch. Nach etwa 30 Km hält ein Auto vor mir, dreht die Scheibe herunter und fragt, ob ich mitfahren wolle. Er sei auch begeisterter Biker und zeigt auf seinem Handy ein paar Bilder von ihm.

Eigentlich gibt es keinen Grund, kein Notfall um abzusteigen, doch manchmal zeigt dir das Schicksal eine Chance und du musst sie erkennen. Fast ein wenig unwillig aber dennoch dankbar nehme ich sein Angebot an, dabei checke ich sein eher kleines Auto und er öffnet die Hintertür und meint ich könne mein Bike quer hineinschieben.

Ich schüttle den Kopf und zeige ihm, dass er die Sitze herunterlassen soll, nehme mein Gepäcktaschen ab und auch das Vorderrad muss ich noch ausbauen, dann passt es und wir fahren weiter den Berg hoch auf eine wunderschöne Hochebene mit einem grossen blauen See.. wie in Bilder und mit einem "Ciöc Gussel" sehr schön!! zeige ich ihm meine Freude.

Mit meinem Translator unterhalten wir uns ein wenig und erfahre dabei das er Doktor ist und auf seinem Handy zeigt er mir Bilder von einer riesigen Gruppe Tourenfahrer und er mitten drin.

Nach einer kleinen Stadt mit dem vertraut klingenden Namen Özalp muss er abbiegen und nun sind es nur noch eine überschaubare zweistellige Zahl von gut 30 Kilometer bis zur Grenze und das fast alles bergab.

Jetzt sehe ich schon eine Art Grenzbahnhof mit hunderten von Güterwagen, weiter unten ein riesiger Gebäudekomplex zwischen den Bergen eingebettet... Die Türkisch - Iranische Grenze.

In mir kommt Freude auf, hier ist nun das Ende der Türkei, die ich jetzt und hier vollständig durchfahren habe, aber natürlich kommt auch ein mulmiges Gefühl, da ich immer noch ohne Visa dastehe. Ich habe mir hier in den Bergen eine kleine Station vorgestellt, vielleicht so wie früher auf dem Splügenpass, wo vielleicht auch einmal keiner oder nur ein müder Zöllner dasteht.

Aber hier gab es so viele Kontrollkabinen, Absperrungen und Gitterverschläge.. da braucht es einen riesigen Optimisten, dass er nur schon den Versuch wagt.

Aber für das Abenteuer bin ich ja abgefahren und so komme ich an die erste Kontrolle. Ich sehe gespannt von hinten zu, wie die Passanten in die Kamera blicken müssen und dann den türkischen Ausreisestempel in den Pass gedruckt bekommen. Das geht bei mir auch, ausser dass ich mit dem Bike nicht durch das nächste Drehkreuz komme. Ich werde zu einem Invaliden Durchgang geführt und so bin auch ich durch.

Jetzt folgt ein langer etwa 100 Meter langer Glasdurchgang, den ich vorsichtig auf dem Bike durchfahre und überlege, da wohl bei Stosszeiten eine lange Kolonne ansteht. Hier bin ich wohl im Niemandsland zwischen den Fronten.

Dann wieder eine Zollkabine mit einer Frau hinter der Scheibe. Jetzt ist angeschrieben Entrance Iranische Republik, Sie will meinen Pass, checkt mein Bild und lässt mich durch und es folgt wieder so ein langer Durchgang.

Dann geht es ins freie und vor zahlreichen Gittern stehen Grenzsoldaten. Mit meinem Bike bin ich immer so eine Mischung zwischen Fussgänger und Autofahrer und werde in einen Gatter hineingeschickt. Der Soldat fragt mich nach Alkohol und will eine meiner Taschen öffnen, als aber meine gesunden Feigen, Datteln und Nüsse zuoberst sieht, gräbt er nicht weiter und lässt es gut sein. Der Nächste Kontrolleur fragt nach Covid Zertifikat und den Test. Ich habe leider weder Impfung noch einen Test. Dafür habe ich mein altes Zeugnis als Genesener vom Dezember 2021. Das halte ich ihm hin und merke, dass er damit überfordert ist.

Er sucht darauf immer den viereckigen QR Code und zeigt mir bei einem anderen Passanten was er meint. Ich aber zeige ihm auf das gelb herausgestrichene Wort negativ, er diskutiert noch mit zwei anderen Kontrolleuren und schliesslich nicken sie mich durch.

Zur nächsten Kontrollkabine und ich schau wieder von hinten zu, wie der Beamte die Pässe zügig mit dem Einreise Stempel abfertigt. Super macht das der Mann, doch das waren alles die braunen, wahrscheinlich Türkischen Pässe. Bei meinem Pass sah er natürlich rot und blättere den Pass, jede Seite vier bis fünf mal durch. Dann fragte er nach dem Visum. Ich sagte kein Visum, das müsse ich hier noch eintragen.

Die Show ist zu Ende, er hat einen guten Job gemacht zu meinem Leidwesen und steht auf, verlässt die Kabine, lässt damit die ganze Kolonne stehen und führt mich in ein Büro. Dort erklärt mir man freundlich aber bestimmt, dass es hier kein Visum gibt und führt mich darauf dahin, wo ich her gekommen bin.

Damit endet mein Weg hier Richtung Morgenland, ich sehe hier wie mir die Iranische Flagge zuweht und denke mir, mit einem Bein habe ich es geschafft im Iran anzukommen. Ich habe aber keine Lust mehr, irgendwo auf mein Visum zu warten und mache mir Gedanken für den Rückweg.

Der führt gezwungener massen jetzt wieder in die Türkei, wo ich erst wieder einreisen muss. Erst wieder Passkontrolle, danach Gepäckkontrolle. Jeder muss seine Sachen durch eine Röntgenanlage schicken, da soll ich auch mein Bike drauf legen, aber das passt ja niemals rein. So muss ich die beiden Gepäcktaschen aber auch die schön klein zusammen gelegte Flugtasche abmontieren und durch den Wolf schicken und schliesslich auch noch mein Satteltäschli, ja sogar meine beiden Bidon und am Schluss öffnen sie noch einen davon und riechen das Wasser.

Viel Arbeit für nichts und packe meine sieben Sachen wieder am Bike fest. Bald bin ich wieder da, wo ich vor 1 Stunde den Versuch gestartet habe. Wer geht schon gerne den Weg zurück, wenn er nach vorne will...Es fällt mir schwer den Berg wieder hoch zu fahren, denn jetzt hat sich auch noch ein ungemütlicher Wind gegen mich gestellt, aber was soll ich den jetzt anderes tun.

Vielleicht in einen der Eisenbahnwagen steigen und mich darin verstecken, bis der Zug in den Iran fährt, zum Beispiel der mit der lockeren Decke, aber die werden sicher auch noch durchleuchtet. Nein ich muss in den sauren Apfel beissen und hoch kurbeln. Der Wind ist frisch und es ist gerade noch 13 Grad und je höher ich komme, umso kälter.

In der Steigung drin stehen zwei junge Männer und winken und schreien mir anzuhalten. Dazu habe ich jetzt keine Lust aber die beiden Lümmel rennen mir nach und ziehen mich am Gepäckträger so fest zurück, dass ich absteigen muss. Dann halten sie die Hand auf und rufen Money, Money. Ich schreie sie an, fertig no Money und der eine beugt seinen Oberarm um zu zeigen wie stark er ist. Ich schreie ihn noch lauter an, geht zum Teufel und das haben sie dann von einem zornigen alten Mann verstanden und geben auf.

Nun bin ich fast auf 2300 Meter hoch gestiegen und mein Navi fällt bis unter 9 Grad und der Wind kühlt mich total aus. Auf dieser Höhe steht ungefähr der letzte Mast der Säntis Schwebebahn, hier führt diese 4 Spurige Strasse hoch und auf den Pannenstreifen könnten wohl nochmals 2 Lastwagen kreuzen.

Die Tafel informiert mich, dass es jetzt mit 8% hinunter geht, ich komme immer mehr ins schlottern und es gibt absolut keine Möglichkeit sich irgendwo in einem geschützten Windschatten zu verstecken. Zudem fordert mich mein Navi alle 20 Minuten auf, zu trinken aber das kalte Wasser ist jetzt auch nicht die Glücksquelle.

Endlich sehe ich ein lang gezogenes Dorf und ich verlasse die breite Strasse und fahre Richtung der Häuser. Auf einem kleinen Anstieg komme ich an einer mit Stacheldraht eingepackten Festung oder vielleicht auch Gefängnis vorbei. Weiter Richtung Dorf steht eine ganze Reihe Militärfahrzeuge, alles streng bewacht und ich verzichte hier ein Bild zumachen.

Ja und da ein Einkaufsladen, vielleicht ist der etwas aufgewärmt, aber auch hier die Türen offen und kalt. Ich kauf mir einen Jogurt Drink und kann den vor zittern kaum bezahlen. Wo ist nun das lauschige Plätzchen, um den zu geniessen. Langsam rolle ich das Dorf hinunter und halte den Lenker so fest, dass ich vor lauter zittern keine Schwenker mache. Dann sehe ich diese gläserne Bushaltestelle und erinnere mich an meinen Wintergarten zu Hause.

Das ist die Lösung, ich schliesse die Türen setzte mich auf die Bank und bin jetzt ohne Wind der Sonne ausgesetzt. Die Bank gibt ja richtig warm und ich fühle, dass die ja beheizt wird. Auf der Seite bläst ein warmer Ventilator warme Luft aus und ich würde am liebsten da hineinschlüpfen. Das tut verdammt gut und hier bringt mich für die nächste halbe Stunde bestimmt keiner mehr heraus.

Hier könnte ich doch im Notfall noch übernachten, denke ich, denn für den schlimmsten Fall habe ich ja noch meine Velotsche, in die ich mich schlüpfen und den Reissverschluss zu machen kann. Aber so weit kommt es nicht, denn auf meinem Handy kann ich das einzige Hotel am Ort ausmachen und das ist genau 100 Meter von hier entfernt.

Ich verlasse jetzt doch wieder etwas aufgewärmt die lieb gewonnen Kabine, fahre zum Hotel Grand Saray und kann gleich einchecken. Da sitzen ein paar Männer in der Lobby, die mich gleich zum Tee einladen und mich natürlich wieder ausfragen und staunen, was ich hier mache. Ob ich hier zum Abendessen komme und als ich zusage wollen sie eine Zeit abmachen. Nach dem Duschen sage ich, danach gehe auf mein Zimmer und stelle mich dort für die nächste halbe Stunde unter die heisse Quelle.

Später gehe ich ins Restaurant und der Koch zeigt mir seine Fleischspiesse, aber ich möchte vor allem eine heisse Suppe, denn mein Magen war etwas empfindlich. Ich setzte mich an den Kamin in der Küche und der eine, der sich als Doktor vorgestellt hatte, blies mit einem Föhn in die Kohle, so dass ein richtiger Vulkan losging. das heizte den Laden auf.

Das kleine Nachtessen zog sich im Kreise der gleichen Männer, vor allem dem Doktor, dem Zahnarzt und dem Bänker, die alle ein wenig Englisch sprechen, weit in den Abend und wir sprachen viel über die Wirtschaft in der Türkei und sie verraten mir dabei auch ihre Saläre. Der Doktor nach 6 Jahren Studium 700 Euro, der Zahnarzt nach 5 Jahren Studium 600 Euro der Bänker gerade mal 350 Euro.

Das sei gerade zu viel zum Sterben und reiche gerade für die Basic zum Leben, aber das reicht nicht für ein Auto, ein Motorrad oder grossartige Hobbys. Sie alle wollen nach Europa auswandern und dort Arbeit suchen. Ja kann ich verstehen, aber als sie staunend die Löhne in der Schweiz erfahren, muss ich ihnen erklären, dass auch das Leben viel mehr kostet und am Ende des Monats auch nicht viel übrig bleibt.

Ich erkläre ihnen, dass ich müde bin und langsam aufs Zimmer möchte. Als ich das Nachtessen bezahlen möchte, winkt der Wirt ab und zeigt seine Freude an meinem Besuch. Allein im Zimmer kommen meine Gedanken noch lange nicht zur Ruhe aber unter der grossen Decke, die ich einmal zusammen falte, damit sie mir richtig warm gibt, schlafe ich doch bald ein. Den Tagesbericht scheibe ich, als der Muezzin von der Moschee her jault und danach ein Hund mit seinem Gebell den Lärm fortsetzt.

Die Reise gleicht einem Spiel, es ist immer Gewinn und Verlust dabei und meist von der unerwarteten Seite (J.W.Goethe)

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