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Tagebucheintrag "Tatvan - Van"

Veröffentlicht am 23. Mai 2022

Noch einmal am selben schönen Frühstückstisch wie gestern, aber nicht mehr ganz so locker. Mein Ziel war auf die Fähre zu kommen und weil ja kein Fahrplan besteht, wollte ich einfach da sein, wenn es los geht.

Um 8.00 Uh bin ich bereits auf dem Bike Richtung Hafen und sehe schon von weitem die beiden Schiffe nebeneinander. Hier tut sich aber gar nichts und als ich ins Hafengelände am Kontrollpunkt vorbei will, sagt mir der nette Mann, heute "no ferry today"

Klar es ist Sonntagmorgen, aber was heisst das in der Türkei? Selbst bei uns fahren die Züge am Sonntag...ja gut, das sind natürlich Güterzüge...

Etwas enttäuscht hocke ich mich an eine windgeschützte Mauer. Zum Glück scheint die Sonne und so ist es hier auszuhalten. Das Handy weiss immer etwas zu erzählen. Zum Beispiel, dass der Bodensee, den wir von der Grösse her als Mas der Dinge kennen, gleich 7 mal Platz hier im Vansee finden würde.

Dann spiele ich im Kopf noch einmal alle 3 Varianten durch, wie ich nach Van kommen könnte. Der kürzeste Weg wäre 144 Km am rechten Seeufer entlang, aber da hat mir mein Navigator Gustav schon 2020 vermerkt, geht auf über 2200 Meter hoch, ohne Übernachtungsmöglichkeit. Die Strasse am rechten Seeufer entlang geht um den halben See und dann noch einmal etwa ein Drittel wieder zurück nach Van, macht schlappe 230 Km auch ohne eine Stadt am Seeufer. Die dritte ist eben die unsichere Eisenbahnfähre, die sich an keine Abfahrtszeiten hält. Welches ist nun die Beste?

Die schöne Sonntagsmorgenruhe wird plötzlich von einem starken Motor gebrochen und ich sehe eine Diesel-Lock, die Eisenbahnwagen bewegen. Wird nun doch die Fähre beladen. Das würde bedeuten...

Aber ich wurde nicht schlau, sie schob die Wagen Richtung Schiff, dann aber wieder hinaus, wieder Pause... bis ich merkte, dass sie eine der 4 Reihen hinauszog, damit wieder kam um die nächste Reihe daran zu hängen und so bald die ganze Schiffladung ein Zug war. Also nicht mit aufladen und so stirbt auch diese Hoffnung.

Gestern lief die Fähre am Nachmittag um 16.30 Uhr aus. Ich setzte mich aufs Bike und mache mich auf eine kleine Tour um Tatvan. Ich könnte ja noch zum Numruth fahren, einem Vulkan-Kratersee den mir Ozkan, der Apotheker als der Zweittiefste der Welt beschrieben hat. Als ich aber die Bergstrasse sah, die dort hinaufführte, war die Idee gestorben, mit meinem Gepäck hätte es mir das Vorderrad abgehoben.

Immer mehr wird die Sonne zugedeckt und es wird wieder frisch und ich fahre zurück zum Hafen. Dort setze mich ins Restaurant an einen Tisch mit Sicht auf mein Bike und die Fährschiffe. Hier ist alles am Essen und klar bringt mir der Kellner die Speisekarte. Da ist eine Seite mit Fischmenue drin. Obwohl ich noch keinen grossen Hunger verspüre, bestelle ich ein 5 Franken Fischgericht, gleich das Oberste empfehlt mir der Kellner, die sind aus dem Vansee.

Kaum bestellt kommt schon Salat und dazu grillierte Tomaten, Paprika, Knoblauch und Chilly und immer einen riesigen Korb Fladenbrot dazu. Ganz schön für den kleinen Hunger und kaum habe ich das Besteck ausgepackt wird mir ein Brett mit den Fischen und noch einmal Gemüse und Gewürzen hingelegt. Aber alles schmeckt hervorragend und darum lasse ich nicht übrig.

Inzwischen ist 16.00 Uhr vorbei und ich überlege mir, ob ich noch einmal ins gleiche Hotel wie die beiden letzten Nächte zurück fahren soll, da sah ich nun plötzlich Rauch aus dem Kamin steigen, das ich heute sicher schon hundert mal vergebens danach abgecheckt hatte.

Ich juckte mich aufs Bike, diesmal winkte mich der Security wortlos durch und bald fuhr ich quer über alle Geleise, wo mich die Arbeiter alle antrieben, auf das Deck, wo jetzt plötzlich alles startklar für Leine los ist. Ich stelle mein Bike ab und alle Arbeiter wundern sich dass ich noch einmal zurück laufe, um ein Bild von dem längst erwarteten Moment zu machen.

Ich laufe die Treppe hoch und komme in einen riesigen Passagierraum, hier hätten hunderte von Fahrgästen Platz aber wir waren nur gerade eine Handvoll. Ein leichtes fibrieren informiert, dass wir in See gestochen sind und den Hafen von Tatvan verlassen.

Ich werde gerufen um das Ticket zu lösen, das wird von Hand mit Namenseintrag ausgestellt. Ich gebe eine 50 Lira Note und suche eine zweite in meinem Geldbeutel. Ich staunte nicht schlecht der gute Mann gibt mir wieder 35 Lira zurück. So kostet die fast 5 Stündige Fahrt rund einen Franken. Ich glaube, ich bin auf dem falschen Boot?

Dieser unglaubliche riesige See liegt auf über 1700 Meter Höhe, also ein Bergsee und die Gipfel, noch in weiss sind zum Greifen nahe. Leider ist die Sonne abgedeckt und so sind die Farben und Kontraste nicht ganz wie ich erwartet habe.

Visuell wirkt damit meine Seefahrt etwas ernüchternd, ideell bin ich am Ende des Sees mit der Stadt Van an der Ostgrenze der Türkei angekommen und habe somit mit meinem Bike das ganze Land durchquert. Heute habe ich damit die Strecke Istanbul-Van, wie ich sie auf meinem Navy eingegeben habe, dann aber im Ende November 2020 in Sanliurfa abbrechen musste, fertig gefahren.

Mit dem was ich jetzt weiss, wäre da oben ein Durchkommen nur mit absolut winddichtem Bergsteigermaterial und 3 Jacken übereinander etc vorstellbar gewesen. Ein Ding der Unmöglichkeit und mir wird klar, ich hatte damals die einzig richtige Entscheidung getroffen.

Die Sonne kämpft sich noch ein wenig zurück und schenkt mir zum Trost einen Hauch Farbe und Kontrast in die See und Berglandschaft, aber der Tag geht zu Ende und bald ist völlige Dunkelheit. Noch einmal kann ich mit meinen Gedanken meine Reise durchleben...die Seidenstrasse, was früher den Kamel-Karawanen im gemeinsamen Verbund vorbehalten war, habe ich vom Bodensee bis hierher alleine mit dem Bike geschafft.

Doch vielen Lichter am Horizont, reissen mich aus meiner Revue heraus, da vorne ist Van in Sicht.

Schon fahren wir in den Hafen ein und bald wird der Schienenstrang der Eisenbahnfähre wieder geschlossen.

Eine letzte Feinarbeit, es stimmt noch nicht ganz, obwohl ich mit meinem Absatz das ganze herumdrücken möchte, aber für mich reicht es, um an Land zu gehen. Van ich habe dich erreicht. - So schön, ich bin so dankbar.-

Nach dem Hafengelände führt die Strasse über 5 Kilometer pfeilgerade in das Stadtzentrum à la Champ Elysée in Paris" vorne immer die hellen Lichter, aber es geht nur bergauf und das Zentrum will und will noch nicht kommen.

Jetzt endlich mit diesem Weihnachtsbaum wird es heller und irgendwann kommen auch die Hotels. Da ich nichts vorbestellt habe, kann ich jetzt gleich das Erstbeste packen mit dem glanzvollen Namen "Grand Londra Otel"

Ich checke ein, der Mann möchte die 200 Lira in Cash - ich kann verstehen warum. - Zum Glück habe ich am Samstag beim Goldhändler noch umgetauscht und so gebe ich ihm die schwarze Kohle.

Die Türe vom Lift geht auf und ich erblicke einen Hauch von Orient, wie in einen goldenen Käfig steige ich ein und fahre hinauf zu meinem langersehnten Zimmer.

Jetzt nur noch schlafen - Gute Nacht -

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