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Tagebucheintrag "Batman - Kurtalan"

Veröffentlicht am 19. Mai 2022

Ich darf ein feines Frühstück mit toller Aussicht auf den Kreisel geniessen. Um 7.00 Uhr ist zu Hause 6.00 Uhr und die Sonne schein schon blendend hell. Ja, genau und da will ich meine Sonnenbrille aufsetzen, aber die habe ich gestern beim Rasieren im Salon liegen gelassen.

Ich verlasse das Hotel in der Hoffnung, dass ich das begehrte Stück dort abholen kann, aber welcher Coiffeur, der die halbe Nacht arbeitet, hat den Laden schon wieder am Morgen um 8.00 Uhr offen. Als ich dort ankomme stirbt auch die Hoffnung... natürlich ist noch geschlossen.

Ein Nachbar vom Coiffeur wundert sich, dass ich da schon rein will und ruft mir zu. Ich gehe zu ihm und versuche ihm die Situation zu erklären. Er versteht was ich möchte, als ich ihm die Bilder vom rasieren zeige und er ruft sofort seinen Nachbarn an. Nach 2-3 Versuchen nimmt dieser endlich ab, wir haben ihn aber geweckt.

Eine halbe Stunde später geht der Laden hoch und der gute Mann bringt mein Sonnenglas mit. Natürlich trinken wir noch Tee zusammen und dabei wundern sie sich, dass ich so eine Reise alleine durchziehe und sind tief beeindruckt, als ich ihnen auf ihrem Handy die nubatour.ch aufschalte und sie die Bilder von gestern beim Rasieren im Internet finden.

Mit entsprechender Verspätung fahre ich aus Batman heraus wo mich nach kurzer Anfahrt bereits die Berge erwarten. Bei einer Tankstelle, die etwas Schatten spendet, schalte ich auf meinem Handy die Weltwoche daily ein, um eine Auswahl an Pressevielfalt anzuhören. Aber als ich wieder losfahre höre ich ein Klickgeräusch an meiner Hinterrad.

Ich schaue mir die Sache an muss mit Schrecken feststellen, dass sich eine der Speichen am Hinterrad abgerissen hat. Das war für mich der Albtraum, denn die Spezialspeichen von meinem alten aber super leichten Cannondale Bike wollte ich noch von Radsport Krapf abholen und als einzige Ersatzteile mitnehmen. Leider waren sie auch dort nicht verfügbar.

Bei der nächsten Autogarage riefen mir eine ganze handvoll junger Mechaniker zu und ich packte die Gelegenheit und bat einen davon, mir 2 Zangen zu geben, damit ich die defekte Speiche abnehmen konnte. Mit dem Werkzeug war die Sache schnell erledigt. Nun fehlt zwar eine Speiche, doch als ich das Rad drehe, stelle ich mit Erleichterung fest, dass die superstarke Felge immer noch rund läuft.

Jetzt kommen die Fragen ob ich Hunger oder Durst habe...Hunger noch nicht, aber natürlich Durst bei schon über 30 Grad und sofort erhielt ich Wasser, Tee und einen Stuhl. Immer grösser wuchs meine Fangruppe an. Die Menschen sind so herzlich, hilfsbereit und auch neugierig, dass ich da nicht so schnell wegkomme.

Trotzdem, auch wenn es am schönsten ist, muss ich doch weiter kommen und bedankend verabschiede ich mich von den Jungs. Wenn ich zu Hause den Menschen über meine geplante Tour erzähle, kommt immer die Frage, ob ich das so lange so alleine aushalte und ob ich denn keine Angst habe? Ja, alleine mit mir... und doch mit so Vielen zusammen, vor denen ich keine Angst habe.

Nun sehe ich aber die erste ernsthafte Steigung, wo ich die Autos ganz oben am Berg hinauffahren sehe. Gnadenlos knallt hier die Sonne auf den Asphalt und mein Navi verrät mir, dass die Temperatur hier im Aufstieg an der 40 Grad Marke kratzt. Am Strassenrand sehe ich einen einziger Busch und da genau steht ein Strassenpfahl. Den wähle ich aus für einen kurzen Stop und schon hält ein junger Mann mit einem Picup und fragt, ob ich aufladen und mitfahren möchte. Da ich aber heute nicht mit der Dunkelheit kämpfen muss, lehne ich danken ab und kurble den letzten Kilometer selber hoch.

Die Abfahrt wird zum Hochgenuss, denn da mache ich mich an die Lastwagen ran, die mich im Aufstieg überholt haben, ohne eine Bremse zu betätigen, kann ich die weiten Kurven der 4 spurigen Strasse mit 70 Km/h nehmen, merke dann aber jedes Lüftchen und auch mein Gewicht auf dem Thule Gepäckträger, der ja nur angesteckt und nicht am Rahmen verschraubt ist, macht sich mit einem leichten Schwimmen bemerkbar.

In so einem Fall klemme ich den Rahmen mit den Knien zusammen, mache mich klein in dem ich ganz tief auf den Lenker liege und hoffe das es noch ein wenig schneller geht.

Auf der Ebene unten komme ich an einen Wegweiser, bei dem ich mich entscheiden muss, ob ich über eine kleinere Nebenstrasse oder auf der 4 spurigen Hauptstrasse Richtung Van fahre. Während ich meinen Reiseplan studiere, ruft mir ein Gemüsehändler, der seinen Stand gerade an der Kreuzung hat, und ich fahre zu ihm hin.

Natürlich fragt auch er, woher und wohin und zeigt mir dazu seine Auswahl. Aber ich kann nicht noch mehr aufs Bike laden und muss dankend ablehnen. Er versteht meine Geste und drückt mir trotzdem eine grosse knackige Birne in die Hand. Ob der wohl ahnt das ich aus Birwinken komme? So oder so, wir freuten uns aneinander und bezeugten dies mit einem Handy Shot!!

Und weiter geht es durchs wilde Kurdistan und ich vergleiche in meinem Kopf, was ich sehe, mit dem was ich aus den Karl May Filmen aus meiner Jugend her kenne.. stimmt zwar noch nicht ganz überein, aber Kurdistan ist noch weit. Einmal mehr darf ich mich heute freuen, dass ich das jetzt in echt sehen darf, was für mich damals unerreichbar weit weg war.

Beim Anblick dieser feuerroten Mondfelder denke ich darüber nach, ob hier der Rohstoff für die begehrte Droge wächst, die so viel Freude und Leid bedeutet? Egal, ich bin ja zum Glück nicht süchtig, aber das sind eben so Gedanken, die kommen und auch kommen dürfen, wenn sich das Gehirn frei bewegen darf.

Bein Kratzen an meinen Beinen merke ich, wie sich kleine Bläschen gebildet haben.."too much sun" trotzdem will ich jetzt keine langen Hosen anziehen. Aber in den alten Gassen bei meinem Besuch in Mardin, habe ich doch eine Dose Creme gekauft. Der hat so viel gelabert von Milch und Honig und Heilkräuter die da drin sind, dass ich ja gesagt habe. Damit reibe ich jetzt die Beine, Arme und auch gleich den Po ein, da auch er zu brennen beginnt. Ja ich hoffe das damit wieder alles in den grünen Bereich abheilt!!

Beim nächsten Aufstieg steht in der Mitte der 4 spurigen Strasse diese Trennwand, die mich als Eisenbahnfan zum stehen bringt. Einen Expresszug durchs wilde Kurdistan...auch ein fantastischer Gedanke, aber ich habe ja meinen Express zwischen den Beinen, kann den so schnell fahren lassen, wie ich gerade möchte und kann jederzeit anhalten wo ich will, um eben solche Begegnungen zu erleben, wie sie mir jeden Tag zufliegen. Da kann der Zug auf keinen Fall mithalten.

Nur ab und zu kommen ein paar Häuser aber die Distanztafel informiert mich, über die Entfernung bis zur nächsten Stadt Kurtalan. Die Einschüsse in der Tafel erinnern mich daran, dass die Kurden hier ja bekanntlich nicht die Lieblinge von Präsident Erdogan sind und hier vielleicht auch immer wieder Unruhen und Unstimmigkeiten vorkommen. Heute und hier ist allerdings nicht zu merken!!

Hier mit der Tafel werden die Informationen noch besser und ich sehe jetzt genau, wo ich gelandet wäre, hätte ich mich beim Gemüsehändler für die Nebenstrasse entschieden, nämlich im Niemandsland und ohne Unterkunft.

Wieder hält ein Autofahrer vor mir und fragt mich, wie es mir geht, ob ich irgend etwas brauche oder ob er mir helfen könne. Es ist zwar heiss und trocken, aber das kann auch er nicht ändern und so bedanke ich mich für sein Interesse und seine Hilfsbereitschaft und wir fahren beide weiter.

Nach gut 60 Kilometer die Erleichterung, mit Kurtalan kommt doch noch eine Stadt, wo es vielleicht ein Hotel oder so etwas gibt, was Booking und Co. eben nicht im Angebot haben, Ich folge den Tafeln "Shekir Merkezi" und komme so zuerst an den Bahnhof, wo ich den echten Kurdistan Express erkenne, der hier aber vor allem leere Güterwagen zieht. Ich möchte mich noch informieren, was da drauf geladen wird.

Die Stadt hat eine unverhofft grosse Anzahl von Läden und Beizen und als ich da ein paar sitzende Männer nach einem Hotel frage, ist einer dabei, der mir das mit etwas englisch erklären kann und zur Sicherheit schickt er gleich noch den Nachbar mit dem Roller, um mir den Weg zu zeigen.

So komme ich ohne Umweg und ohne Suche dorthin, wo ich heute ohne Orientierung etwas gezweifelt habe, aber was willst du noch...passt doch alles wieder zusammen. Aussen steht zwar nicht Hotel angeschrieben, aber ein Zimmer mit herrlicher Aussicht auf Garten, Stadt und Berge gibt es für den Preis von 100 Lira sprich 7 Euro. Da gibt es nichts zu meckern, vor allem wenn man sich nach einem Bleibe richtig gesehnt hat. Einzig den streng und knarrend laufenden Duschhahn konnte ich drehen wie ich wollte, auch nach je 5 Minuten pro Seite kam nie warmes Wasser heraus.. ich machte mich trotzdem frisch zum Nachtessen.

Mit dem Bike fahre ich noch einmal in das Stadtzentrum hinunter und interessiert schaue ich bei Gürüm Laden, was der so in seinen Wrap einpackt. Sofort ertönte wieder gejaule und hepen, ich soll hinkommen, was ich wieder als Chance der Begegnung wahrnahm. Ich drehte mich zu ihnen um und versuchte zu begreifen was sie mich auf kurdisch fragten, Als mich einer nach Hunger fragte und mir in einem Salatblatt ein Müsterli gibt mit dem was er in sein Wrap einpackt, war ich begeistert und entschloss mich da etwas zu essen und mich natürlich mit ihnen zu unterhalten, was natürlich sofort wieder neue Menschen anzog.

Ich ging mit dem Chef hinter die Theke und zeigte ihm, was ich gerne an Salat und Gemüse darauf haben möchte, Schwupp war mein Abendessen fertig und zum Trinken meinen geliebten türkischen Airan Jogurt-Drink... was kostet der tolle Znacht? Er streckt seine Hand mit 5 Fingern hoch...5 Lira...für einen Franken gibt es 15 Lira...also keine 50 Rappen...dafür spende ich einer Frau, die mit ihrem Kind bei mir bettelt ein paar Lira..." Tamam" alles passt.

Jetzt ist aber gut, es wird schon dunkel und ich fahre mit meinem Bike, durch dem wunderschön beleuchteten Heimweg ins Hotel. Jetzt noch einmal hochfahren, den Tag überdenken und meine erlebten High Lights für mich und alle meine Freunde niederschreiben und dann gute Nacht.

One comment on “Batman - Kurtalan”

  1. Lieber Nuba du hast heute wiederum viele Erlebnisse gehabt! Es ist spannend, dies lesen zu dürfen; meine Erkenntnisse: du bist ganz einfach einen Menschenfreund! Ja, das bist DU! Schlaf gut lg Melchior

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